Rechtliche Grundlagen, praktische Umsetzung und Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Die betriebliche Altersvorsorge hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Bausteine der Altersabsicherung entwickelt. Durch die Möglichkeit der Entgeltumwandlung können Arbeitnehmer Teile ihres Bruttogehalts in eine zusätzliche Rentenleistung umwandeln und sich so eine finanzielle Absicherung für das Alter schaffen. Gleichzeitig profitieren Arbeitgeber durch die Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Seit dem 1. Januar 2022 gilt eine wesentliche gesetzliche Neuerung: Arbeitgeber sind verpflichtet, bei der Entgeltumwandlung für alle Verträge einen bAV-Pflichtzuschuss zu leisten – mindestens 15 % des Umwandlungsbetrags und mindestens in Höhe der tatsächlich eingesparten Sozialversicherungsbeiträge (zuvor galt dies ab 2018 für die Sozialpartnerrente, ab 2019 für Neuverträge und ab 2022 auch für Bestandsverträge). Grundlage dieser Verpflichtung ist § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG).
Diese gesetzliche Änderung stellt viele Unternehmen vor rechtliche, organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Fehler bei der Umsetzung können schwerwiegende Folgen haben – von Schadensersatzforderungen über strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu langfristigen Haftungsrisiken.
2. Risiken bei Nichtbeachtung des Pflichtzuschusses
2.1 Schadensersatzpflicht
Zahlt der Arbeitgeber den Pflichtzuschuss nicht, verstößt er gegen das BetrAVG. Arbeitnehmer haben dann einen Schadensersatzanspruch. Der Arbeitgeber muss die volle Leistung erbringen, auf die der Arbeitnehmer Anspruch gehabt hätte – inklusive Verzinsung. Dies kann insbesondere bei langjährigen Versäumnissen zu erheblichen Nachforderungen führen.
Neben Schadensersatz und Strafbarkeit drohen Arbeitgebern erhebliche Haftungsrisiken. Entsteht durch das Unterlassen des Zuschusses eine Versorgungslücke, haftet der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG. Besonders kritisch ist dies, wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind oder wenn über Jahre hinweg falsch abgerechnet wurde.
3. Umsetzung des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses in der Praxis
3.1 Herausforderung bei Bestandsverträgen
Die größte Schwierigkeit ergibt sich bei bestehenden bAV-Verträgen, die ursprünglich ohne Zuschuss abgeschlossen wurden. Nicht jeder Vertrag erlaubt eine nachträgliche Anpassung. Problematisch sind vor allem:
- Geschlossene Tarife, die nicht mehr erhöhbar sind,
- (bisex) Tarife (vor dem EuGH-Urteil 2012), die durch Zuschüsse gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen könnten,
- oder Solvenzprobleme des Versicherers, die eine Erhöhung verhindern.
In solchen Fällen muss der Arbeitgeber nachweisen, dass eine Erhöhung nicht möglich ist, und gegebenenfalls einen neuen Vertrag abschließen.
3.2 Kein Spielraum für Gehaltsreduzierung
Eine Reduzierung der Entgeltumwandlung wird vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht als zulässige Lösung akzeptiert. Lediglich wenn nachweislich keine andere Option besteht, darf der Arbeitgeber den Zuschuss durch eine Anpassung der Entgeltumwandlung finanzieren. Diese Vorgehensweise muss jedoch lückenlos dokumentiert werden.