Betriebliche Altersvorsorge Beratung mit BRANDCONSULT

Der Pflichtzuschuss in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV)

Seit 2022 sind Arbeitgeber verpflichtet, bei der Entgeltumwandlung für alle Verträge einen Zuschuss zu leisten – zuvor galt dies bereits ab 2018 für die Sozialpartnerrente und ab 2019 für Neuverträge sowie ab 2022 auch für Bestandsverträge. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die praktische Umsetzung und mögliche Haftungsrisiken für Unternehmen.

Jetzt kostenlose bAV-Beratung buchen

Rechtliche Grundlagen, praktische Umsetzung und Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die betriebliche Altersvorsorge hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Bausteine der Altersabsicherung entwickelt. Durch die Möglichkeit der Entgeltumwandlung können Arbeitnehmer Teile ihres Bruttogehalts in eine zusätzliche Rentenleistung umwandeln und sich so eine finanzielle Absicherung für das Alter schaffen. Gleichzeitig profitieren Arbeitgeber durch die Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Seit dem 1. Januar 2022 gilt eine wesentliche gesetzliche Neuerung: Arbeitgeber sind verpflichtet, bei der Entgeltumwandlung für alle Verträge einen bAV-Pflichtzuschuss zu leisten – mindestens 15 % des Umwandlungsbetrags und mindestens in Höhe der tatsächlich eingesparten Sozialversicherungsbeiträge (zuvor galt dies ab 2018 für die Sozialpartnerrente, ab 2019 für Neuverträge und ab 2022 auch für Bestandsverträge). Grundlage dieser Verpflichtung ist § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG).

Diese gesetzliche Änderung stellt viele Unternehmen vor rechtliche, organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Fehler bei der Umsetzung können schwerwiegende Folgen haben – von Schadensersatzforderungen über strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu langfristigen Haftungsrisiken.

1. Der rechtliche Rahmen des bAV Pflichtzuschusses

Die Verpflichtung zum Arbeitgeberzuschuss wurde mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) eingeführt. Bereits seit 2019 galt die Zuschusspflicht für alle neuen bAV-Verträge, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden. Zum 1. Januar 2022 wurde die Regelung auf alle Bestandsverträge ausgeweitet.

  • Gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG gilt:
  • Der Arbeitgeber muss 15 % des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Zuschuss in den bAV-Vertrag einzahlen. (Ausnahmen gelten ggf. bei Tarifverträgen - Zuschusspflicht ist tarifdispositiv)
  • Die Zuschusspflicht besteht mindestens in Höhe der durch die Entgeltumwandlung tatsächlich eingesparten Sozialversicherungsbeiträge
  • Ist eine Einzahlung in den bestehenden Vertrag nicht möglich (z. B. bei geschlossenen Tarifen), muss der Arbeitgeber alternative Lösungen finden, etwa durch einen separaten Vertrag.

    Damit wurde der Arbeitgeberzuschuss verpflichtend – sowohl für Neuverträge als auch für Altverträge. Die gesetzliche Intention war klar: Arbeitnehmer sollen stärker gefördert und Versorgungslücken im Alter vermieden werden.

2. Risiken bei Nichtbeachtung des Pflichtzuschusses

2.1 Schadensersatzpflicht

Zahlt der Arbeitgeber den Pflichtzuschuss nicht, verstößt er gegen das BetrAVG. Arbeitnehmer haben dann einen Schadensersatzanspruch. Der Arbeitgeber muss die volle Leistung erbringen, auf die der Arbeitnehmer Anspruch gehabt hätte – inklusive Verzinsung. Dies kann insbesondere bei langjährigen Versäumnissen zu erheblichen Nachforderungen führen.

2.2 Strafrechtliche Konsequenzen

Ein besonders heikler Punkt ist die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Werden Entgeltumwandlung und Arbeitgeberzuschuss zusammengezählt und überschreiten die steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Grenzen, muss der Arbeitgeber zusätzliche Beiträge abführen. Unterlässt er dies, macht er sich ggf. strafbar nach§ 266a Abs. 1 StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt).

Das bedeutet: Nicht nur die unterlassene Zahlung des Zuschusses selbst, sondern auch das fehlerhafte Handling der Sozialversicherungsbeiträge kann strafrechtlich relevant sein.

2.3 Haftungsrisiken

Neben Schadensersatz und Strafbarkeit drohen Arbeitgebern erhebliche Haftungsrisiken. Entsteht durch das Unterlassen des Zuschusses eine Versorgungslücke, haftet der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG. Besonders kritisch ist dies, wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind oder wenn über Jahre hinweg falsch abgerechnet wurde.

3. Umsetzung des verpflichtenden Arbeitgeberzuschusses in der Praxis

3.1 Herausforderung bei Bestandsverträgen

Die größte Schwierigkeit ergibt sich bei bestehenden bAV-Verträgen, die ursprünglich ohne Zuschuss abgeschlossen wurden. Nicht jeder Vertrag erlaubt eine nachträgliche Anpassung. Problematisch sind vor allem:

  • Geschlossene Tarife, die nicht mehr erhöhbar sind,
  • (bisex) Tarife (vor dem EuGH-Urteil 2012), die durch Zuschüsse gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen könnten,
  • oder Solvenzprobleme des Versicherers, die eine Erhöhung verhindern.

In solchen Fällen muss der Arbeitgeber nachweisen, dass eine Erhöhung nicht möglich ist, und gegebenenfalls einen neuen Vertrag abschließen.

3.2 Kein Spielraum für Gehaltsreduzierung

Eine Reduzierung der Entgeltumwandlung wird vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht als zulässige Lösung akzeptiert. Lediglich wenn nachweislich keine andere Option besteht, darf der Arbeitgeber den Zuschuss durch eine Anpassung der Entgeltumwandlung finanzieren. Diese Vorgehensweise muss jedoch lückenlos dokumentiert werden.

3.3 Notwendigkeit fachlicher Beratung

Auch wenn der verpflichtende bAV-Arbeitgeberzuschuss seit einigen Jahren gilt, sollten Arbeitgeber neue Situationen nicht unterschätzen. Besonders wenn neue Mitarbeitende bereits bestehende bAV-Verträge aus früheren Arbeitsverhältnissen mitbringen, ist Vorsicht geboten. Solche Verträge sollten nicht ungeprüft übernommen werden. Eine sorgfältige Analyse durch einen bAV-Experten ist ratsam, um mögliche Haftungsrisiken, veraltete Tarifmodelle oder rechtliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen. Nur so können Arbeitgeber sicherstellen, dass die bAV-Regelungen im Unternehmen rechtssicher umgesetzt und spätere Konflikte vermieden werden.

4. Gleichbehandlung und das EuGH-Urteil zu Unisex-Tarifen

Ein weiteres Risiko im Zusammenhang mit dem bAV-Pflichtzuschuss betrifft die oben schon genannte Gleichbehandlung. Grundlage ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 1. März 2011 (Rechtssache C-236/09, „Test-Achats-Urteil“).

Das Urteil besagt:

  • Seit dem 21. Dezember 2012 dürfen in der bAV nur noch Unisex-Tarife angeboten werden.
  • Vorher waren Bisex-Tarife üblich, die Frauen benachteiligten, da sie statistisch länger leben und dadurch geringere Rentenleistungen erhielten.

Für Arbeitgeber bedeutet das:

  • Zuschüsse in alte bisexuelle Verträge können eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots darstellen.
  • Ob ein Vertrag Unisex- oder Bisex-Tarif ist, lässt sich häufig nicht direkt aus den Unterlagen erkennen.
  • Arbeitgeber sollten daher eine fachliche Prüfungdurchführen lassen, um nicht ungewollt gegen das Gleichbehandlungsgebot zu verstoßen.

Mehr zu bAV

5. Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

  1. Prüfung aller Bestandsverträge – Sind Erhöhungen zulässig oder bestehen rechtliche Hürden?
  2. Dokumentation der Entscheidungsprozesse – Nachweise sind entscheidend, falls Zuschüsse nicht eingebracht werden können.
  3. Beachtung der Sozialversicherungsgrenzen – Fehler können strafrechtlich relevant sein.
  4. Überprüfung auf Unisex-Tarife – Um Gleichbehandlungsverstöße zu vermeiden.
  5. Fachliche Unterstützung einholenbAV-Spezialisten können rechtliche Risiken minimieren.