Haftungsrisiken in der bAV

Was ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG)?

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber die dritte große Reform der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland in den letzten 40 Jahren auf den Weg gebracht. Für die Arbeitgeber bedeutet diese Gesetzgebung, dass sie ihre Versorgungswerke dringend überprüfen lassen sollten, um die neuen und veränderten Vorschriften auch umsetzen zu können.

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Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde beschlossen, um die Versorgungssituation, insbesondere der Arbeitnehmer in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), zu verbessern. Durch Anreize für Arbeitgeber und Arbeitnehmer soll mehr von den Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung (bAV) Gebrauch gemacht werden. 

Es ist ein Regelwerk entstanden, dass viele Vorteile bietet, allerdings nicht die teilweise komplexen Vorschriften für die bAV vereinfacht, sondern zusätzliche Vorschriften und Regelungsbereiche schafft. Von diesen Veränderungen sind sowohl neu zu schaffende Versorgungen als auch bereits bestehende Versorgungswerke betroffen, unabhängig davon, ob eine Tarifbindung besteht oder nicht.

Was sind die wesentlichen Eckpunkte?

  • Zuschusspflicht in der Entgeltumwandlung
  • Einführung des sogenannten „Sozialpartnermodells“
  • Einführung einer besonderen Förderung für Geringverdiener „Förderrente“
  • Verringerung der Anrechnung von Altersvorsorgeleistungen auf die Grundsicherung
  • Verbesserungen bei der Riester-Förderung
  • Erhöhung des steuerfreien Dotierungsrahmens

Was bedeutet die Zuschusspflicht zur Entgeltumwandlung für die Arbeitgeber?

Der Gesetzgeber sieht bei Entgeltumwandlungen einen Zuschuss in Höhe von 15 %  des Umwandlungsbetrages vor, sofern und soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge spart. 
Diese Regelung gilt: 

  • ab dem 01.01.2018 im Sozialpartnermodell
  • ab dem 01.01.2019 für „Neuzusagen“ in den Durchführungswegen der Direktversicherung, Pensionskasse und dem Pensionsfonds
  • ab dem 01.01.2022 für „Altzusagen“ der vorgenannten Durchführungswege 

Der Arbeitgeberzuschuss ist von Beginn an unverfallbar und muss i. a. R. zusätzlich an die Versorgungseinrichtung abgeführt werden.

Was müssen die Arbeitgeber in Bezug auf die Zuschusspflicht tun?

Alle Arbeitgeber sollten schnellstmöglich ihre Versorgungswerke dahingehend überprüfen lassen, ob und wie bereits Zuschüsse zur Entgeltumwandlung der Mitarbeitenden gezahlt werden und ob diese konform zu den nunmehr geltenden Regelungen sind. 

Werden bereits Zuschüsse gezahlt, können diese nur unter gewissen Voraussetzungen auf die Zuschusspflicht angerechnet werden. Selbstverständlich helfen wir Ihnen auch hier, um z. B. doppelte Zuschusszahlungen zu vermeiden und Ihr Versorgungssystem rechtssicher anzupassen.

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Wie funktioniert das Sozialpartnermodell?

Beim Sozialpartnermodell vereinbaren die Sozialpartner, also Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, eine betriebliche Altersversorgung über einen Tarifvertrag. Hierbei gibt es einige arbeitsrechtliche Besonderheiten: Im Rahmen einer reinen Beitragszusage wird ausschließlich ein Beitrag zugesagt, der nicht, wie bisher üblich, fest mit einer Leistung verknüpft ist. Für den Arbeitgeber entfällt damit faktisch die Haftung zur Erfüllung möglicher Leistungen. Im Gegenzug sollen sich die Arbeitgeber zu einem „Sicherungsbeitrag“ verpflichten, da Garantien weder in der Ansparphase noch in der Rentenphase erlaubt sind und die Leistung im Rentenbezug nicht nur steigen, sondern auch fallen kann. Die Höhe legen die Tarifparteien fest. Es kann ausschließlich eine Rente gezahlt werden.

Gibt es zukünftig nur noch das Sozialpartnermodell?

Nein, da die „alte bAV Welt“ wie bisher erhalten bleibt und hier weiterhin Garantien erlaubt sind und auch anstelle der lebenslangen garantierten Rente eine Kapitalabfindung zur Auszahlung wählbar ist. Glücklicherweise sind das Kapitalwahlrecht und die Garantien erhalten geblieben, da diese von den Mitarbeitenden als sehr wichtig empfunden werden.

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Wer kann das Sozialpartnermodell anwenden?

Das Sozialpartnermodell kann umgesetzt werden, wenn das Unternehmen tarifgebunden ist und die Tarifparteien es im Tarifvertrag vereinbaren. Handelt es sich nicht um ein tarifgebundenes Unternehmen, kann das Sozialpartnermodell von den Betriebsparteien (Geschäftsleitung und Betriebsrat), beispielsweise über eine Betriebsvereinbarung, vereinbart werden. 

Dazu müssen sich die Parteien aber auf einen einschlägigen Tarifvertrag beziehen. Auch individualrechtlich, d.h. mit jedem Arbeitnehmer einzeln, kann das Modell vereinbart werden, wenn es keinen Betriebsrat gibt. Auch hier muss sich das Unternehmen auf einen einschlägigen Tarifvertrag beziehen. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist das Sozialpartnermodell nicht möglich.

Wer kann von der FörderRente für Geringverdiener profitieren?

Der Arbeitgeber hat künftig die Möglichkeit für Arbeitnehmer im 1. Dienstverhältnis, die ein Brutto-Einkommen von bis zu 2.200 € monatlich bzw. 26.400 € jährlich erhalten, eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung nach § 100 EStG zusätzlich zum bisherigen Einkommen einzurichten. Der jährliche Beitrag muss mindestens 240 € betragen. Maximal werden 480 € Arbeitgeberbeitrag gefördert. Hat der Arbeitgeber bereits im Jahr 2016 einen Arbeitgeberbeitrag geleistet, ist der jeweilige Förderbetrag auf den Betrag beschränkt, den der Arbeitgeber darüber hinaus leistet.

Warum kann die FörderRente für den Arbeitgeber attraktiv sein?

Gerade Geringverdienern fällt es häufig schwer, zusätzliche Beiträge für die Altersversorgung zu sparen. Der Arbeitgeber kann mit der FörderRente seiner sozialen Verantwortung gerecht werden und gezielt diejenigen fördern, deren Einkommen alleine nicht für eine private oder betriebliche Vorsorge reichen würde. Außerdem gibt es für den Arbeitgeber eine recht unbürokratische Förderung: 30 % seiner Aufwendungen kann er direkt über das Lohnsteuerabzugsverfahren zurückbekommen. Der restliche Beitrag stellt eine Betriebsausgabe dar.

Welche tariflichen Anforderungen gelten für die FörderRente?

Der Gesetzgeber sieht für die FörderRente eine lebenslange Rentenzahlung vor. Alternativ ist auch eine Kapitalauszahlung möglich. Die Einzahlungen müssen in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds erfolgen. Der Tarif muss weitere gesetzliche Anforderungen erfüllen.

Wie werden Geringverdiener durch die Verringerung der Anrechnung von Altersvorsorgeleistungen auf die Grundsicherung unterstützt?

Rentenleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge (z. B. bAV, Rüruprente oder private Rentenversicherungen) bleiben mit einem pauschalen Freibetrag von 100 € pro Monat anrechnungsfrei von der Grundsicherung. Darüber hinausgehende Rentenleistungen werden mit 30 % (höchstens jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe I, in 2018: 208 €) freigestellt. Der gesamte Freibetrag wird zusammen mit den Rechengrößen der Sozialversicherung zukünftig ansteigen. Dieser Freibetrag ist sehr zu begrüßen, weil nun auch Geringverdiener Ansprüche aus kapitalgedeckter Altersversorgung aufbauen können, ohne dass ihnen diese im Alter auf Leistungen der Grundsicherung angerechnet („weggenommen“) werden.

Was ist bei der Riester-Förderung neu?

Die Grundförderung steigt von 154 € auf 175 €. Außerdem entfällt zukünftig die sog. „Doppelverbeitragung“ bei „Riester-bAV“: In der Leistungsphase wird die Rente nicht mehr mit Sozialversicherungsbeiträgen belastet.

Wie hat sich der steuerfreie Dotierungsrahmen nach §3 Nr. 63 EStG verändert?

Der Dotierungsrahmen wurde signifikant erhöht: Statt wie bisher 4 %, können ab 01.01.2018 insgesamt 8 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) steuerfrei in eine Direktversicherung eingezahlt werden. Der Aufstockungsbetrag in Höhe von bisher 1.800 € entfällt. Die Erhöhung von 4 % auf 8 % der BBG betrifft aber nur die steuerrechtliche Förderung – sozialversicherungsfrei bleiben wie bisher nur bis 4 %. Sollen weitere 4 % sozialversicherungsfrei umgewandelt werden, kann zusätzlich der Durchführungsweg der Unterstützungskasse genutzt werden.

Was hat sich bei der Anrechnung von Beiträgen nach §40b EStG auf Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG ergeben?

Die Anrechnung wurde deutlich vereinfacht: Die tatsächlich geleisteten Beiträge für eine Direktversicherung gemäß § 40b EStG werden künftig vom Höchstbeitrag abgezogen, statt wie bisher den gesamten Aufstockungsbeitrag von 1.800 € zu blockieren. Ein Euro Beitrag in einem Vertrag nach § 40b EStG bedeutet dann einen Förderrahmen von 8 % BBG (DRV West) minus einem Euro

Was hat es mit der Neugestaltung der sogenannten „Vervielfältigungsregel“ auf sich?

Scheidet ein Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis aus, kann er nach der sogenannten „Vervielfältigungsregel“ (§ 3 Nr. 63 S. 3 EStG) einen gewissen Betrag, z.B. aus einer Abfindung, steuerfrei in eine Direktversicherung einzahlen. Beim Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis bemisst sich der steuerfreie Betrag wie folgt: Dienstjahre (max. 10) x 4 % der Beitragsbemessungsgrenze (DRV West).

Wie funktioniert die neue steuerfreie Nachzahlung von entgeltfreien Zeiten?

Wenn ein Mitarbeitender sich in einer entgeltfreien Zeit (z.B. Elternzeit, Entsendung ins Ausland oder Sabbatjahr) befindet, können Beiträge von bis zu 10 vollen Kalenderjahren steuerfrei nachgezahlt werden.