Auswirkungen von Kurzarbeit auf bestehende Verträge der betrieblichen Altersvorsorge

Betriebliche Altersvorsorge bei Kurzarbeit – Auswirkungen, Rechtslage & Handlungsmöglichkeiten


Erfahren Sie, wie sich Kurzarbeit auf die bAV-Verträge Ihrer Mitarbeitenden auswirkt und welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten. Wir zeigen Ihnen praxisnahe Wege, Versorgungslücken zu vermeiden.

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Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist ein wichtiger Bestandteil der finanziellen Absicherung vieler Arbeitnehmer. Sie ergänzt die gesetzliche Rente und wird häufig über Jahre hinweg kontinuierlich aufgebaut. Doch was passiert, wenn die Arbeitszeit plötzlich reduziert wird und Kurzarbeitergeld (KUG) an die Stelle eines Teils des regulären Gehalts tritt? Spätestens seit der Corona-Pandemie ist diese Frage aktueller denn je. Die wirtschaftlichen Folgen der Krise haben gezeigt, dass Kurzarbeit nicht nur in Ausnahmefällen, sondern auch über längere Zeiträume notwendig sein kann.

Kurzarbeit bedeutet nicht nur eine Einkommensreduzierung für die Beschäftigten, sondern wirkt sich in vielen Fällen auch direkt auf bestehende bAV-Verträge aus. Je nach Ausgestaltung der Versorgung kann es zu Beitragsreduzierungen, Pausen in der Beitragszahlung oder sogar zu einer vollständigen Unterbrechung kommen. Gleichzeitig bestehen Möglichkeiten, Versorgungslücken zu vermeiden oder später wieder zu schließen.

1. Kurzarbeit – Definition, rechtlicher Rahmen und wirtschaftliche Funktion

Kurzarbeit ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, das Arbeitgeber in wirtschaftlich schwierigen Situationen einsetzen können, um Arbeitsplätze zu erhalten. Anstatt Personal zu entlassen, wird die regelmäßige Arbeitszeit vorübergehend reduziert. Die fehlende Vergütung wird teilweise durch Kurzarbeitergeld ersetzt, das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird.

1.1 Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis für die Kurzarbeit und das Kurzarbeitergeld ist im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), insbesondere in den §§ 95 ff., geregelt. Kurzarbeitergeld wird grundsätzlich nur dann gewährt, wenn im Betrieb eine arbeitsrechtliche Vereinbarung zur Reduzierung der Arbeitszeit getroffen wurde – entweder zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung oder direkt zwischen Arbeitgeber und den betroffenen Beschäftigten. Diese Reduzierung muss zu einem erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall führen.

Damit ein Anspruch besteht, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Grund des Arbeitsausfalls
    Der Arbeitsausfall beruht auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis (z. B. Naturkatastrophe, behördliche Anordnung, Pandemie).
  2. Unvermeidbarkeit
    Der Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar. Der Betrieb hat alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um ihn zu verringern oder zu beheben (z. B. in zulässigem Umfang Abbau von Arbeitszeitguthaben).
  3. Vorübergehender Charakter
    Es ist absehbar, dass innerhalb der Bezugsdauer wieder zur regulären Arbeitszeit zurückgekehrt werden kann.
  4. Anzeige bei der Agentur für Arbeit
    Der Arbeitsausfall wurde ordnungsgemäß bei der Agentur für Arbeit angezeigt.
  5. Fortbestehendes Arbeitsverhältnis
    Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ist nach Beginn des Arbeitsausfalls weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt; es liegt keine Kündigung vor.
  6. Erheblicher Arbeitsausfall
    Im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) sind mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen. 
Kontrolle rechtlicher Vorgaben bAV

1.2 Höhe und Dauer des Kurzarbeitergeldes

Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60 % des Nettoentgelts der ausgefallenen Arbeitszeit. Beschäftigte mit mindestens einem Kind im Haushalt erhalten67 %. Es ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt, was sich bei der Einkommensteuererklärung auswirken kann.

Die Bezugsdauer beträgt regulär maximal zwölf Monate, kann aber in besonderen Situationen – wie während der Corona-Pandemie – auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

1.3 Auswirkungen von Kurzarbeit auf die soziale Absicherung

Trotz Einkommenseinbußen bleiben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während der Kurzarbeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Schutz in Kranken-, Renten-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung bleibt vollständig bestehen.

Wer zahlt die Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit?

  • Für das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt gilt weiterhin die übliche Beitragstragung: Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich die Beiträge.
  • Für den Arbeitsausfall, der durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen wird, übernimmt der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge allein.

Auswirkung auf den Rentenanspruch
Während des Bezugs von Kurzarbeitergeld bleibt die Rentenversicherungspflicht bestehen.

  • Arbeitgeber und Beschäftigte zahlen gemeinsam Beiträge auf das reduzierte Arbeitsentgelt.
  • Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber allein Beiträge auf 80 % des Entgeltausfalls (Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt).

Durch diese zusätzlichen Arbeitgeberbeiträge sinkt die spätere Rente in der Regel nur geringfügig. Für individuelle Auskünfte zu Rentenansprüchen stehen die Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung oder das Servicetelefon unter 0800 1000 480 70 zur Verfügung.

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2. Auswirkungen auf die bAV bei Teil-Kurzarbeit

Teil-Kurzarbeit liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit vorübergehend reduziert wird, aber weiterhin ein – wenn auch geringeres – sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt gezahlt wird. In dieser Phase können bAV-Beiträge grundsätzlich weitergezahlt werden. Allerdings verändert sich die Ausgangslage sowohl für die Entgeltumwandlung als auch für Arbeitgeberzuschüsse und steuerliche Vorteile.

2.1 Entgeltumwandlung während Teil-Kurzarbeit

Solange ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt gezahlt wird, kann die Entgeltumwandlung fortgeführt werden (§ 1a Abs. 1 BetrAVG). Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin einen Teil ihres Bruttoentgelts steuer- und sozialabgabenfrei in eine betriebliche Altersvorsorge einzahlen können.

Praktische Auswirkungen:

  • Sinkt das Bruttogehalt aufgrund der reduzierten Arbeitszeit, vermindert sich bei prozentual festgelegten Umwandlungsquoten automatisch auch der Umwandlungsbetrag.
  • Bei fest vereinbarten Umwandlungsbeträgen (z. B. 70 € monatlich) bleibt der Betrag gleich, was im Verhältnis zum reduzierten Einkommen eine höhere Belastung darstellt.
  • Da das Nettogehalt durch die Kombination aus reduziertem Lohn und Kurzarbeitergeld ohnehin sinkt, entscheiden sich viele Beschäftigte, den Umwandlungsbetrag vorübergehend zu reduzieren oder auszusetzen, um die Liquidität zu sichern.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer wandelt regulär 70 € seines Bruttolohns um.

Fällt sein Bruttogehalt wegen Teil-Kurzarbeit von 3.000 € auf 2.000 €, bleibt der Umwandlungsbetrag bei einer festen Vereinbarung unverändert bei 70 €.

Wurde dagegen eine prozentuale Umwandlung vereinbart (z. B. 2,33 % vom Bruttolohn), reduziert sich der Betrag automatisch auf rund 46,60 €.

3. Auswirkungen auf die bAV bei Kurzarbeit Null

Kurzarbeit Null bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringen und kein reguläres Gehalt erhalten. Stattdessen erhalten sie ausschließlich Kurzarbeitergeld, das steuerlich und sozialversicherungsrechtlich gesondert behandelt wird. Dies hat direkte Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge.

3.1 Entgeltumwandlung

Bei der klassischen Entgeltumwandlung wird ein Teil des Bruttolohns in eine Altersvorsorge eingebracht. Da bei Kurzarbeit Null kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, entfällt automatisch auch die Grundlage für die Umwandlung. Beiträge aus dem Kurzarbeitergeld selbst sind gesetzlich nicht zulässig, da KUG nicht als Arbeitsentgelt im Sinne der bAV-Verträge gilt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können während dieser Zeit also keine zusätzlichen Altersvorsorgebeiträge über Entgeltumwandlung leisten, was zu einer vorübergehenden Unterbrechung des Sparplans führt.

3.2 Arbeitgeberfinanzierte bAV

Für Arbeitgeberbeiträge gilt: Die Weiterzahlung hängt vollständig von der vertraglichen Gestaltung der bAV ab. Bei festen Beiträgen, die unabhängig vom laufenden Gehalt vereinbart wurden, fließen die Zahlungen auch während Kurzarbeit Null weiter, sodass die Altersvorsorge wie gewohnt wächst. Sind die Beiträge hingegen prozentual an das Gehalt gekoppelt, entfallen sie, da keine Grundlage für die Berechnung vorhanden ist. In der Praxis bedeutet dies, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei rein leistungsabhängigen Zusagen während der Kurzarbeit auf diese Arbeitgeberbeiträge verzichten müssen.

3.3 Handlungsmöglichkeiten bei ausbleibenden Beiträgen

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um die Unterbrechung der bAV zu überbrücken oder deren Auswirkungen zu minimieren:

  • Beitragsstundung: Die Zahlungen werden vorübergehend ausgesetzt, der Vertrag bleibt jedoch aktiv. Vorteil: Es entstehen keine Nachteile für die bestehenden Ansprüche, die bAV wird nach Ende der Kurzarbeit einfach fortgeführt. Allerdings müssen die gestundeten Beiträge nachentrichtet werden oder die Laufzeit um die Monate verlängert werden. Eine Verrechnung der gestundeten Beiträge mit dem Guthaben ist i. a. R. unzulässig.
  • Beitragsfreistellung: Der Vertrag ruht für die Dauer der Kurzarbeit Null. In diesem Fall kann es jedoch passieren, dass Zusatzleistungen wie Hinterbliebenen- oder Invaliditätsschutz für die Dauer des Ruhens nicht mehr bestehen. In dieser Zeit kann der Vertrag aber mit privaten Beiträgen des Mitarbeiters fortgeführt werden. Achtung: jedoch aus dem Nettovermögen und ohne Arbeitgeberzuschuss.
  • Nachzahlung: Fehlende Beiträge können später innerhalb gesetzlich festgelegter Fristen nachgezahlt werden, ohne die steuerliche Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG zu verlieren. Diese Möglichkeit dient dazu, die Auswirkungen auf die spätere Rentenhöhe zu begrenzen und die ursprüngliche Sparleistung wiederherzustellen. Die Nachzahlung muss spätestens bis zum Ende des Kalenderjahres erfolgen, das auf das Ende der beitragsfreien Zeit folgt. Es können auch Teilbeträge nachgezahlt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Nachzahlungen sozialversicherungspflichtig sind, da sie nicht unter die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG fallen. Die genauen Bedingungen und Fristen für die Nachzahlung sollten mit dem jeweiligen Versorgungsträger abgestimmt werden. 

Insgesamt ist es wichtig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Optionen kennen und gemeinsam mit dem Arbeitgeber prüfen, welche Lösung den individuellen Bedürfnissen am besten entspricht. Ziel ist es, die Altersvorsorge langfristig zu sichern, auch wenn kurzfristig keine Beiträge aus dem Gehalt geleistet werden können.

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4. Rechtliche Absicherung der bAV in Kurzarbeit

Auch während Phasen von Kurzarbeit bleiben die Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge rechtlich abgesichert. Dabei greifen unterschiedliche Sicherungsmechanismen und gesetzliche Regelungen, die den Schutz der Anwartschaften der Beschäftigten gewährleisten:

  1. Sicherung durch den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV)
    Die im Rahmen der bAV angesammelten Anwartschaften sind bei einer Insolvenz des Arbeitgebers durch den Pensions-Sicherungs-Verein geschützt. Der PSV übernimmt die Zahlung der betrieblichen Altersleistungen, soweit der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird. Diese Absicherung gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während der Insolvenz in Kurzarbeit war oder nicht. Für die Beschäftigten bedeutet dies: Ihre bis dahin erworbenen Rechte auf Alters-, Hinterbliebenen- oder Invaliditätsleistungen bleiben bestehen, auch wenn der Arbeitgeber die Zahlungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten einstellen muss.
  2. Vertragliche Bindung der Zusagen
    Ansprüche aus der bAV beruhen auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese Zusagen sind grundsätzlich bindend. Eine einseitige Kürzung oder Änderung durch den Arbeitgeber ist rechtlich nur möglich, wenn dies vertraglich ausdrücklich vorgesehen ist oder gesetzliche Ausnahmefälle greifen. Änderungen müssen zudem schriftlich dokumentiert werden, um rechtswirksam zu sein. Dies schützt die Arbeitnehmer davor, dass während Kurzarbeit plötzlich Leistungen reduziert oder gestrichen werden.
  3. Tarifliche Absicherungen
    In vielen Branchen gibt es tarifliche Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge. Diese Tarifverträge können zusätzliche Sicherungsmechanismen enthalten, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise verbindliche Arbeitgeberzuschüsse, Mindestbeitragsgarantien oder spezifische Regelungen zur Fortführung der bAV auch bei Arbeitsausfällen wie Kurzarbeit. Für die Beschäftigten bedeutet dies einen zusätzlichen Schutz, insbesondere wenn vertragliche Zusagen allein nicht ausreichen, um die Ansprüche während Einkommensreduzierungen abzusichern.


Die rechtliche Absicherung der bAV bleibt auch in Phasen von Kurzarbeit bestehen. Arbeitnehmerrechte auf Alters- und Zusatzleistungen sind durch gesetzliche Instrumente wie den PSV sowie durch bindende Vertrags- und Tarifregelungen geschützt. Damit wird sichergestellt, dass temporäre Einkommensausfälle die langfristigen Ansprüche auf betriebliche Altersvorsorge nicht gefährden.

Fazit

Kurzarbeit kann erhebliche Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge haben. Während bei Teil-Kurzarbeit die Beiträge oft reduziert, aber weitergezahlt werden, führt Kurzarbeit Null häufig zu einer vollständigen Unterbrechung. Entscheidend ist die vertragliche Gestaltung. Wer rechtzeitig handelt und klare Absprachen trifft, kann Versorgungslücken vermeiden und die bAV auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sichern.