Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist ein wichtiger Bestandteil der finanziellen Absicherung vieler Arbeitnehmer. Sie ergänzt die gesetzliche Rente und wird häufig über Jahre hinweg kontinuierlich aufgebaut. Doch was passiert, wenn die Arbeitszeit plötzlich reduziert wird und Kurzarbeitergeld (KUG) an die Stelle eines Teils des regulären Gehalts tritt? Spätestens seit der Corona-Pandemie ist diese Frage aktueller denn je. Die wirtschaftlichen Folgen der Krise haben gezeigt, dass Kurzarbeit nicht nur in Ausnahmefällen, sondern auch über längere Zeiträume notwendig sein kann.
Kurzarbeit bedeutet nicht nur eine Einkommensreduzierung für die Beschäftigten, sondern wirkt sich in vielen Fällen auch direkt auf bestehende bAV-Verträge aus. Je nach Ausgestaltung der Versorgung kann es zu Beitragsreduzierungen, Pausen in der Beitragszahlung oder sogar zu einer vollständigen Unterbrechung kommen. Gleichzeitig bestehen Möglichkeiten, Versorgungslücken zu vermeiden oder später wieder zu schließen.
1. Kurzarbeit – Definition, rechtlicher Rahmen und wirtschaftliche Funktion
Kurzarbeit ist ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, das Arbeitgeber in wirtschaftlich schwierigen Situationen einsetzen können, um Arbeitsplätze zu erhalten. Anstatt Personal zu entlassen, wird die regelmäßige Arbeitszeit vorübergehend reduziert. Die fehlende Vergütung wird teilweise durch Kurzarbeitergeld ersetzt, das von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt wird.
1.2 Höhe und Dauer des Kurzarbeitergeldes
Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60 % des Nettoentgelts der ausgefallenen Arbeitszeit. Beschäftigte mit mindestens einem Kind im Haushalt erhalten67 %. Es ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt, was sich bei der Einkommensteuererklärung auswirken kann.
Die Bezugsdauer beträgt regulär maximal zwölf Monate, kann aber in besonderen Situationen – wie während der Corona-Pandemie – auf bis zu 24 Monate verlängert werden.
2. Auswirkungen auf die bAV bei Teil-Kurzarbeit
Teil-Kurzarbeit liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit vorübergehend reduziert wird, aber weiterhin ein – wenn auch geringeres – sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt gezahlt wird. In dieser Phase können bAV-Beiträge grundsätzlich weitergezahlt werden. Allerdings verändert sich die Ausgangslage sowohl für die Entgeltumwandlung als auch für Arbeitgeberzuschüsse und steuerliche Vorteile.
2.1 Entgeltumwandlung während Teil-Kurzarbeit
Solange ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt gezahlt wird, kann die Entgeltumwandlung fortgeführt werden (§ 1a Abs. 1 BetrAVG). Das bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin einen Teil ihres Bruttoentgelts steuer- und sozialabgabenfrei in eine betriebliche Altersvorsorge einzahlen können.
Praktische Auswirkungen:
- Sinkt das Bruttogehalt aufgrund der reduzierten Arbeitszeit, vermindert sich bei prozentual festgelegten Umwandlungsquoten automatisch auch der Umwandlungsbetrag.
- Bei fest vereinbarten Umwandlungsbeträgen (z. B. 70 € monatlich) bleibt der Betrag gleich, was im Verhältnis zum reduzierten Einkommen eine höhere Belastung darstellt.
- Da das Nettogehalt durch die Kombination aus reduziertem Lohn und Kurzarbeitergeld ohnehin sinkt, entscheiden sich viele Beschäftigte, den Umwandlungsbetrag vorübergehend zu reduzieren oder auszusetzen, um die Liquidität zu sichern.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer wandelt regulär 70 € seines Bruttolohns um.
Fällt sein Bruttogehalt wegen Teil-Kurzarbeit von 3.000 € auf 2.000 €, bleibt der Umwandlungsbetrag bei einer festen Vereinbarung unverändert bei 70 €.
Wurde dagegen eine prozentuale Umwandlung vereinbart (z. B. 2,33 % vom Bruttolohn), reduziert sich der Betrag automatisch auf rund 46,60 €.
3. Auswirkungen auf die bAV bei Kurzarbeit Null
Kurzarbeit Null bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringen und kein reguläres Gehalt erhalten. Stattdessen erhalten sie ausschließlich Kurzarbeitergeld, das steuerlich und sozialversicherungsrechtlich gesondert behandelt wird. Dies hat direkte Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge.
3.2 Arbeitgeberfinanzierte bAV
Für Arbeitgeberbeiträge gilt: Die Weiterzahlung hängt vollständig von der vertraglichen Gestaltung der bAV ab. Bei festen Beiträgen, die unabhängig vom laufenden Gehalt vereinbart wurden, fließen die Zahlungen auch während Kurzarbeit Null weiter, sodass die Altersvorsorge wie gewohnt wächst. Sind die Beiträge hingegen prozentual an das Gehalt gekoppelt, entfallen sie, da keine Grundlage für die Berechnung vorhanden ist. In der Praxis bedeutet dies, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei rein leistungsabhängigen Zusagen während der Kurzarbeit auf diese Arbeitgeberbeiträge verzichten müssen.
4. Rechtliche Absicherung der bAV in Kurzarbeit
Auch während Phasen von Kurzarbeit bleiben die Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge rechtlich abgesichert. Dabei greifen unterschiedliche Sicherungsmechanismen und gesetzliche Regelungen, die den Schutz der Anwartschaften der Beschäftigten gewährleisten:
- Sicherung durch den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV)
Die im Rahmen der bAV angesammelten Anwartschaften sind bei einer Insolvenz des Arbeitgebers durch den Pensions-Sicherungs-Verein geschützt. Der PSV übernimmt die Zahlung der betrieblichen Altersleistungen, soweit der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird. Diese Absicherung gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer während der Insolvenz in Kurzarbeit war oder nicht. Für die Beschäftigten bedeutet dies: Ihre bis dahin erworbenen Rechte auf Alters-, Hinterbliebenen- oder Invaliditätsleistungen bleiben bestehen, auch wenn der Arbeitgeber die Zahlungen aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten einstellen muss. - Vertragliche Bindung der Zusagen
Ansprüche aus der bAV beruhen auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese Zusagen sind grundsätzlich bindend. Eine einseitige Kürzung oder Änderung durch den Arbeitgeber ist rechtlich nur möglich, wenn dies vertraglich ausdrücklich vorgesehen ist oder gesetzliche Ausnahmefälle greifen. Änderungen müssen zudem schriftlich dokumentiert werden, um rechtswirksam zu sein. Dies schützt die Arbeitnehmer davor, dass während Kurzarbeit plötzlich Leistungen reduziert oder gestrichen werden. - Tarifliche Absicherungen
In vielen Branchen gibt es tarifliche Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge. Diese Tarifverträge können zusätzliche Sicherungsmechanismen enthalten, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise verbindliche Arbeitgeberzuschüsse, Mindestbeitragsgarantien oder spezifische Regelungen zur Fortführung der bAV auch bei Arbeitsausfällen wie Kurzarbeit. Für die Beschäftigten bedeutet dies einen zusätzlichen Schutz, insbesondere wenn vertragliche Zusagen allein nicht ausreichen, um die Ansprüche während Einkommensreduzierungen abzusichern.
Die rechtliche Absicherung der bAV bleibt auch in Phasen von Kurzarbeit bestehen. Arbeitnehmerrechte auf Alters- und Zusatzleistungen sind durch gesetzliche Instrumente wie den PSV sowie durch bindende Vertrags- und Tarifregelungen geschützt. Damit wird sichergestellt, dass temporäre Einkommensausfälle die langfristigen Ansprüche auf betriebliche Altersvorsorge nicht gefährden.
Fazit
Kurzarbeit kann erhebliche Auswirkungen auf die betriebliche Altersvorsorge haben. Während bei Teil-Kurzarbeit die Beiträge oft reduziert, aber weitergezahlt werden, führt Kurzarbeit Null häufig zu einer vollständigen Unterbrechung. Entscheidend ist die vertragliche Gestaltung. Wer rechtzeitig handelt und klare Absprachen trifft, kann Versorgungslücken vermeiden und die bAV auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sichern.